Die 14. Ausgabe der Abraxas «Chefsache» fand im Einstein St. Gallen statt. Was digitale Ethik genau bedeutet und welche Facetten auch die öffentliche Hand dabei beachten muss, konnten rund 70 Entscheidungsträger:innen vor Ort erfahren. Die wichtigsten Take-aways der beliebten Networking-Veranstaltung.
In seiner Begrüssung spannte CEO Reto Gutmann das Thema auf und bereitete die Bühne für die nachfolgenden Expert:innen. In seiner Rede stellte er fest, dass ethische Fragestellungen durch das Zusammenkommen von Big Data, künstlicher Intelligenz und der Digitalisierung immer stärker ins Bewusstsein der öffentlichen Hand rücken werden: Risiken und Chancen seien abzuwägen. Unbequeme Fragen müssen gestellt werden, auch wenn es noch keine Antworten darauf gibt. Zumindest aber soll die Debatte über die digitale Schweiz inspiriert werden.
Digitale Ethik in Theorie…
Cornelia Diethelm vom Centre for Digital Responsibility plädierte in ihrem Referat dafür, dass wir alle Grundkompetenzen entwickeln müssen, die Ergebnisse, die uns eine künstliche Intelligenz liefert, auch interpretieren zu können: «Denn wir sind im Driving Seat, wo wir KI einsetzen». Man müsse sich bewusst sein, dass KI keine Rechte, kein Gewissen und kein Bewusstsein habe. So interpretierte eine KI ein Fernglas in einer weissen Hand korrekt, in einer schwarzen Hand als Waffe. Der Bias dazu ist in den Daten angelegt. «KI liefere Wahrscheinlichkeiten nicht Logik, Stereotypen nicht Vielfalt. Daten sind nicht neutral». Die Chancen von KI sind kleiner als die Risiken, weil wir uns zu wenig Zeit liessen, um kompetent in deren Anwendung zu werden und eine realistische Perspektive zu entwickeln, so Diethelm.
Cornelia Diethelm über digitale Ethik für die öffentliche Verwaltung und selbstfahrende Autos. (Video: Samuel Näf & Gregor Patorski)
… und Praxis am Beispiel Microsoft
Marc Holitscher, National Technology Officer von Microsoft Schweiz, zeigte auf, wie Microsoft bereits vor sechs Jahren den verantwortungsvollen Umgang mit KI anhand von Prinzipien operationalisiert und in sein Business integriert habe. Der Einsatz von KI gelinge dann, wenn interdisziplinär gearbeitet würde und die Bedürfnisse verstanden werden. «Es ist ein enormer Bedarf an Aufklärung vorhanden, um zu einem verantwortungsvollen Umgang zu gelangen. Diese Aufgabe ist Chefsache. ‹Abwarte und luege› ist angesichts der rasanten Entwicklung keine Option, wenn man den Handlungsspielraum nutzen will.»
Marc Holitscher schlägt den Bogen von den Kompetenzen von Abraxas bis hin zu Kompetenzen, die uns vor Fake News schützen sollen (Video: Samuel Näf & Gregor Patorski)
Microsofts sechs KI-Prinzipien
- Fairness: KI-Systeme müssen alle Menschen fair behandeln.
- Zuverlässigkeit und Sicherheit: KI-Systeme müssen zuverlässig und sicher funktionieren.
- Datenschutz und Sicherheit: KI-Systeme müssen sicher sein und die Privatsphäre achten.
- Inklusion: KI-Systeme müssen alle unterstützen und einbinden.
- Transparenz: KI-Systeme müssen verständlich sein.
- Verantwortlichkeit: Personen müssen für KI-Systeme verantwortlich sein.
Kompetenzen gegen Fake News
Moderatorin Regula Späni führte durch die anschliessende Diskussion der beiden Referent:innen. Erkenntnisse aus den Vorträgen wurden unterstrichen und weitere Hinweise für die öffentliche Hand herausgeschält. Da wir nicht alles überblicken können, werden die interdisziplinäre Zusammenarbeit und vernetztes Denken immer wichtiger. Wir sollten lernen, was wir wissen müssen. Um Resultate hinterfragen zu können – wie beispielsweise von KI produzierte Fake News. Dazu sei die Medienkompetenz von Mitarbeitenden auf Behörden und Verwaltung einzubeziehen und weiterzubilden.
«Ich bin allein, aber nicht einsam»
Einhand-Segler Oliver Heer bereitet sich zurzeit auf die Vendée Globe vor. Ziel dieses Segelrennens ist es, in knapp 100 Tagen, alleine, ohne Hilfe und ohne an Land zu gehen, die Welt zu umrunden. Im Talk mit Regula Späni erzählte er mit leuchtenden Augen von den Herausforderungen Schlaf, Isolation und Nahrung, die ab November auf ihn warten, und wie er sich darauf vorbereitet. Das Publikum quittierte seine spannenden Ausführungen mit herzlichem Applaus und wünschte ihm, dass er – getreu seines Mottos «To finish first, you first have to finish!» – beides schafft.
Die Ethik der Mayonnaise
Als künstlerischen Abschluss der Chefsache produzierten Satiriker Peter Schneider und Programmiererin und Autorin Alexandra Papadopoulos live auf der Bühne eine selbstgemachte Mayonnaise. Algorithmus und Pseudocode einer künstlichen Intelligenz sollten danach die händische Produktion automatisieren. Die Performance endete in einem Parforce-Ritt durch diverse ethischen Denkrichtungen von Kant über Nietzsche bis hin zu Singer – während die Gäste zur Konsumption der Mayo angewiesen wurden: «Tünkeln Sie den Cracker!»
Peter Schneider und Alexandra Papadopoulos bauen den Mayonnaise-Algorithmus (Video: Samuel Näf & Gregor Patorski)
Save-the-Date
Seit mehr als einem Jahrzehnt bietet das Forum «Chefsache» Führungskräften eine attraktive Plattform für Austausch und Networking. So auch nächstes Jahr wieder am Mittwoch, 22. Januar 2025, im Einstein Congress in St. Gallen.
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